Hier stellen wir euch in Form von Cases einige Projekte vor, auf die wir besonders stolz sind.

Should I stay or should I go?

Wenn man Mark Zuckerberg glaubt, ist nach monatelangen Fake-News-Debatten, Gerüchten über russische Einmischung, wiederkehrenden Vorbehalten gegenüber den Datenschutzvorkehrungen Facebooks und schließlich dem kürzlich aufgedeckten Skandal um das Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica der große Exodus von Facebook-Usern ausgeblieben. Gegenüber der New York Times behauptete Zuckerberg, es habe sich keine bedeutsame Anzahl von Aussteigern vermerken lassen. Was sich nicht leugnen lässt, ist hingegen die Empörung, die seit letzter Woche durch die Facebook Community weht. Laut dem Analytischen Service ExportTweet, soll der Hashtag #deletefacebook vergangenen Mittwoch allein in einem Zeitraum von zwei Stunden mehr als 10.000 Mal erwähnt worden sein.  Am vorherigen Tag zählte Digimind insgesamt 40.398 Hashtags. Von allen Seiten hagelt es Kritik über fahrlässige Sicherheitsmaßnahmen, Mangel an Transparenz und beunruhigende Einflussnahmen des Social-Media-Riesen auf die demokratische Meinungsbildung. Auch über Auswirkungen auf die psychische Gesundheit wird im Zusammenhang mit der Social-Media-Nutzung aktuell wieder viel diskutiert.

Wer, wie so viele, von den fragwürdigen Vorgängen um Facebook eigentlich genug hat, sich aber an den Service gewöhnt und schlicht seine Vorteile genossen hat – für den wägen wir in den folgenden Zeilen die Pros und Kontras eines Abschieds von Zuckerbergs College-Kreation ab.

Privatsphäre

Facebook ist eine unerschöpfliche Quelle an persönlichen Informationen über seine Nutzer. Analysiert, zusammengefasst und abgeglichen werden sie Werbetreibenden zur Verfügung gestellt. Facebook erkennt dein Gesicht so gut wie deine eigene Mutter und ist in der Lage deine Location zu verfolgen – sowohl App- als auch geräteübergreifend.

Bereits vor dem Skandal um Cambridge Analytica wurden die Datenschutzregulierungen des Unternehmens stark kritisiert. 2011 warnte die Federal Trade Commission (FTC), Facebook sei an „unfairen und irreführenden Praktiken beteiligt“. Daraufhin unterschrieb das Unternehmen eine Konsensvereinbarung, die garantieren sollte, dass Daten nur dann weitergegeben werden, wenn Nutzer ihre ausdrückliche Erlaubnis geben. Massive Sanktionen von Seiten der FTC könnten sich jetzt auf die gesamte digitale Werbeindustrie auswirken.

Manipulation

Russische Agenten kauften auf Facebook Anzeigen, die dazu genutzt wurden,  während der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl 2016 falsche Informationen zu verbreiten. Damit zeigten sie auch auf, wie hilflos der Gigant der Verbreitung von Verschwörungstheorien und sonstigen kritischen Inhalten gegenübersteht. Obwohl Facebook mehrmals Fake News und Co den Kampf ansagte, blieben seine Vorgehensweisen bislang uneffektiv. Nutzer sind noch immer in der Lage, die Plattform innerhalb von Sekunden mit Unwahrheiten zu überfluten.

Suchtgefahr

Wir alle haben uns schon mal gefragt, wo die letzten 30 Minuten geblieben sind, nachdem wir auf Facebook eigentlich nur schnell etwas hatten nachsehen wollen. Über die Jahre hinweg gab es verschiedene Studien zu der drogenähnlichen Wirkung von Facebook, und erst vor Kurzem hieß es aus Kreisen von Ex-Mitarbeitern, dass die Plattform explizit mit dem Ziel konzipiert worden sei, die Nutzer möglichst „süchtig“ zu machen.  

Wie bei einer Droge kann die Verflüchtigung des Dopamins, welches bei positivem Feedback – wie etwa einem Like – ausgeschüttet wird, zu Gefühlen von Niedergeschlagenheit führen. Aber auch die großen Mengen an Informationen, auf die wir im Facebook Feed treffen – sei es über den Zustand der Welt oder die Leben anderer und ihre Erfolge – können Nutzer hilflos, überfordert und verunsichert hinterlassen. So wie Facebook Menschen zusammenbringt, kann es manchmal auch dazu führen, dass sie sich unglaublich einsam fühlen.

“Emotionales LinkedIn”

Auch ohne Facebook würden wir sehr wahrscheinlich mit den wichtigen Personen in unserem Leben in Kontakt bleiben. Und während wir in der Regel den Fokus dann nur auf die Beziehungen legen würden, die es uns wert sind, ginge die Teilhabe an jenen Communities verloren, mit denen wir offline kaum oder keine Berührungspunkte besitzen. Das könnten nahe und entfernte Freunde und Bekannte sein, die in der Vergangenheit eine Rolle gespielt haben, aber auch zum Beispiel marginalisierte Gruppen, denen Facebook die Möglichkeit gibt, auf sich hinzuweisen. Worüber unterhalten sie sich? Was beschäftigt sie? Wie denken sie über unsere Welt und was sind ihre täglichen Sorgen?

Auch lassen sich via Facebook auf schnelle, unkomplizierte Weise Einladungen verschicken, Events einsehen oder organisieren. Die Plattform ist zu einer effektiven Möglichkeit geworden, Menschen zusammenzubringen. Ohne sie wächst die Gefahr, dass wir Veranstaltungen verpassen, weil Freunde und Bekannte schlicht nicht daran denken, dass wir nicht mehr bei Facebook zu finden sind.

Online Memory Lane

Für viele Nutzer könnte das der schmerzhafteste Verlust sein: Seit mehr als einem Jahrzehnt archiviert die Plattform unsere (mal mehr, mal weniger) wertvollen Erinnerungen. Fotos, Ereignisse, Kommentare lassen sich über Jahre zurückverfolgen – manche davon lassen uns erschaudern, andere faszinieren oder berühren. Diese Online-Tagebücher sind nicht nur enorm umfangreich, sondern auch miteinander verwoben. Wer seinen Facebook-Account löscht, geht das Risiko ein, dass auch seine Freunde womöglich Hunderte von Markierungen und damit unwiderrufbaren Erinnerungen verlieren.

Digitaler Ausweis

Facebook-Entwickler haben über die Jahre raffinierte Methoden entwickelt, ihre Nutzer von der Plattform abhängig zu machen. Vielleicht waren sie einfach zu faul, bei Spotify, Airbnb oder Netflix ihre Daten manuell einzugeben und haben stattdessen ihr Konto innerhalb von Sekunden mit Facebook verbunden. Mittlerweile bietet so gut wie jede App die Möglichkeit, sich über ein Facebook-Profil authentifizieren zu lassen. Damit übernimmt Facebook heute die Rolle eines Online-IDs, mit dem es sich zeiteffizient durch das Web bewegen lässt. Wer seinen Account aufgibt, muss nicht nur viele der Konten neu erstellen, sondern er verliert vielleicht sogar zu einigen der Service-Leistungen gänzlich den Zugang. Ähnlich wie ein Personalausweis oder Reisepass, kann uns Facebook Zutritt zu vielen interessanten Orten gewähren.

Wohin sonst?

Wer Facebook aus Protest verlassen möchte, müsste konsequenterweise auch die anderen Service-Leistungen aufgeben, aus denen Facebook Daten zieht. Dazu gehören unter anderem WhatsApp und Instagram – zwei der weltweit beliebtesten Social Media Apps. Und selbst wenn man sich von Facebook und Co verabschiedet hat: Was bleibt übrig? Email, SMS? Jegliche Bemühung Ersatzdienste zu etablieren – Diaspora, ello und Peach sind nur einige davon – sind bisher kläglich gescheitert. Telegram, Signal, Slack und sogar Reddit stellen zwar Optionen dar, doch  ihre Nutzung kann genauso dazu führen, dass getrackt und profiliert wird.

Entscheide selbst

Facebook aufzugeben erscheint zunächst wie ein simpler Akt. Es kann sich am Ende jedoch so anfühlen, als würden wir zu viele Dinge aufgeben müssen, an die wir uns gewöhnt und von denen wir profitiert haben. Wenn wir uns entscheiden zu bleiben, ist eines jedenfalls gewiss: Der Datenschutz wird uns auch weiterhin als zentrales Thema begleiten.

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