Der Grundsatz, dass Daten bei der Übertragung im Internet unterschiedslos gleich behandelt werden, völlig unabhängig davon, wer sie sendet und wer sie empfängt, war bislang so etwas wie das Mantra der Netzgemeinde. Der Begriff dafür lautet Netzneutralität. Spätestens seit der Entscheidung der Federal Communications Commission (FCC) der USA vom 14. Dezember 2017, diesen Grundsatz auszuhebeln, hat sich die Debatte extrem zugespitzt. Die Folgen, mutmaßt die F.A.Z., „werden furchtbar sein“, in einer Spiegel-Kolumne befürchtet ein Autor nicht weniger als „Die Abschaffung der Demokratie“ und das Web-Magazin Perspective Daily zum Beispiel sieht durch die FCC-Entscheidung „die Bahn frei für die 2-Klassen-Gesellschaft im Netz“.
Die Interessen
Die Netzbetreiber in den USA sind natürlich hochzufrieden mit dieser neuen Entwicklung – und die Provider in Europa sind es ebenfalls (auch wenn sie es nicht laut sagen), weil sie darauf hoffen, dass die härteren gesetzlichen Schranken hierzulande über kurz oder lang auch aufgeweicht werden. Telekom und Vodafone versuchen ja heute schon, ihren Spielraum mit „Stream On“ und „Vodafone Pass“ auszudehnen. Nicht nur die Netzgemeinde und kleinere Inhalteproduzenten, auch die großen Konzerne Google, Facebook, Twitter oder Netflix sind alarmiert. Denn die US-Netzbetreiber sind nun, in den Worten eines F.A.Z.-Autors, „in einer Wegelagererposition, in der sie dafür, dass sie Datenströme nicht künstlich verlangsamen, zusätzlich Geld erpressen können“.
Die Reaktionen
In einer ersten Stellungnahme versichert der Suchmaschinenriese Google, dass er sich „für die Netzneutralität, die überwältigende öffentliche Unterstützung bekommt, von Gerichten abgesegnet ist und überall in der Internet-Wirtschaft gut funktioniert“, auch weiterhin engagieren werde. Twitter bekräftigt, den „Kampf zur Verteidigung des freien Internets“ fortsetzen zu wollen und nennt die FCC-Entscheidung einen „Schlag gegen Innovation und Redefreiheit“. Facebook-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg bezeichnet den Vorgang als „enttäuschend und schädlich“ und ein offenes Netz als „entscheidend für neue Ideen und wirtschaftliche Möglichkeiten“. Auch Netflix kündigt an, den „törichten FCC-Beschluss“ bekämpfen und dagegen klagen zu wollen. Das sei „der Beginn eines langen Rechtsstreits“. Die Netzbetreiberseite sucht erst einmal zu beschwichtigen. So zitiert der Spiegel zum Beispiel den US-Internetprovider AT&T mit einer Stellungnahme, nach der das Internet morgen noch genauso funktionieren werde „wie immer“. Es würden keine Websites gesperrt, Online-Inhalte zensiert oder der Internet-Verkehr gedrosselt. Man sollte AT&T beim Wort nehmen: Internet „wie immer“ – und kontinuierlich prüfen, ob der Betreiber hält, was er verspricht. (rst, faz.net, spiegel.de, perspective-daily.de, lead-digital.de)