Die hoch umstrittene Reform des europäischen Urheberrechts, mit deren Umsetzung der Anschluss ans digitale Zeitalter hergestellt werden soll, ist beschlossen. Eine Mehrheit der EU-Mitgliedsländer hat am Montag für die Reform gestimmt, die nun innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden muss. Besonders in Deutschland entzündete sich Im Hinblick auf den künftigen Artikel 17 der Richtlinie eine hitzige Zensurdebatte, weil er Plattformen wie YouTube darauf verpflichtet, schon beim Hochladen zu prüfen, ob Inhalte urheberrechtlich geschützt sind. Das wäre nach Meinung vieler Kritiker nur über sogenannte Uploadfilter handhabbar, die unter Umständen viel mehr als erforderlich aussortierten – Zitate, Satire oder Hintergrundmusik als Beiwerk etwa, obwohl das Hochladen solcher Inhalte rechtlich erlaubt wäre. Für die Befürworter der Reform steht dagegen im Vordergrund, dass Plattformen, die mit fremden Inhalten Geld verdienen, auch den Urhebern dieser Inhalte eine angemessene Vergütung zukommen lassen sollten. Die Diskussion um Uploadfilter überlagerte dabei den schon jahrelang andauernden Streit um ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Im künftigen Artikel 15 der Richtlinie ist nämlich vorgesehen, dass Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten Geld an die Verlage zahlen müssen. Kritiker wenden ein, dass besonders kleine Verlage gegenüber Plattformriesen wie Google eine viel zu schwache Verhandlungsposition besäßen und sich am Beispiel Deutschland ja schon gezeigt habe, dass sich selbst größere Verlagshäuser Google gegenüber nicht durchsetzen könnten. Trotz des seit 2013 hierzulande schon bestehenden Leistungsschutzrechtes seien die Gelder, die an die Verlage flössen, nicht der Rede wert.
„Uploadfilter nach Möglichkeit verhindern“
Die vielen Proteste in Deutschland gegen ein neues Urheberrecht in der Europäischen Union haben allerdings nicht dazu geführt, dass sich die Bundesregierung der Stimme enthalten hätte. Vielmehr gab ihr Ja zur Reform am Montag den Ausschlag. Ohne das Votum Deutschlands wäre die erforderliche Mehrheit nicht zustande gekommen – denn die Niederlande, Luxemburg, Polen, Italien, Finnland und Schweden stimmten mit Nein, Belgien, Slowenien und Estland enthielten sich. Wie umstritten das Vorhaben auch in den eigenen Reihen war, zeigt die zusätzliche Protokollerklärung der Bundesregierung zur Reform, die vor allem auf Drängen der Justizministerin Katarina Barley sozusagen in letzter Minute am Sonntagabend vor der Abstimmung noch zustande gekommen war. Darin heißt es, dass die Bundesregierung davon ausgehe, dass die EU-Kommission mit allen Interessengruppen einen Dialog führen werde, der „vom Geist getragen ist, eine angemessene Vergütung der Kreativen zu gewährleisten, Uploadfilter nach Möglichkeit zu verhindern, die Meinungsfreiheit sicherzustellen und die Nutzungsrechte zu wahren.“ Upload-Plattformen, heißt es weiter in der Erklärung, „sollen auch künftig als freie, unzensierte Kommunikationskanäle zur Verfügung stehen“. Sollte sich bei der Umsetzung der Richtlinie herausstellen, dass es doch zu einer Beschränkung der Meinungsfreiheit komme, werde Deutschland auf Korrekturen dringen. Ziel müssten praktikable Lösungen sein, die „das Instrument Uploadfilter“ weitgehend unnötig machten. Das ist zunächst nicht viel mehr als ein frommer Wunsch. Denn die Protokollerklärung gibt zwar Hinweise, wie die Bundesregierung die Reform des EU-Urheberrechts verstanden wissen will, doch rechtlich bindend ist das nicht. (rst)